Workshop 5:  Kein Ort. Nirgends?

keinort

Konzeption: Quinka Stoehr, Fredo Wulf (Filmemacher) und Idun Hübner (ZBBS)
Durchführung im Team mit den Lehrern Raika Wiethe und Markus Reimers, sowie der Schauspielerin Katie Luzi Stüdemann und Ulrike Krogmann (Theaterpädagogin)
Zeitraum: 28. 02. bis 04. 03. 2011
Schule: RBZ Wirtschaft / Berufliches Gymnasium / Standort Der Ravensberg
Ort: Lessingbad Kiel

Mai 2010 in Kiel: Ein 25 jähriger Afghane nimmt sich unbemerkt von der Öffentlichkeit das Leben. Das „Warum“ ist nicht bekannt. Bekannt ist nur, sein Aufenthalt war prekär, er war von Abschiebung bedroht. Zwei weiteren jungen Flüchtlingen wird die Abschiebung angekündigt: Sie sind seitdem untergetaucht und leben in der Illegalität. 3 Fälle in nur einer Woche in Kiel. Zufällig haben wir (Quinka Stoehr, Fredo Wulf) davon erfahren, es berührte uns. Daraus ist der Ansatz für dieses künstlerische Projekt entstanden. Im Mittelpunkt des Projektes „Kein Ort? Nirgends“ stand die interkulturelle Begegnung von 25 Schülern und jungen gleichaltrigen Flüchtlingen, die ausgehend von ihrer persönlichen Situation zum Thema Flucht und Vertreibung künstlerisch multimedial arbeiteten. Eine Woche lang haben sich 25 Schüler und Schülerinnen einer 11. Klasse des RBZ Wirtschaft und 18 junge Flüchtlinge aus Afghanistan, Iran, dem Jemen und der Türkei mit politischer Verfolgung, wirtschaftlicher Not und Armut, sowie Heimatlosigkeit und der Frage, was Heimat eigentlich ist, bzw. bedeuten kann, beschäftigt. Es war eine Begegnung zwischen Schülern und Schülerinnen mit jungen Menschen im ähnlichen Alter, die weit gereist sind, um hier zu leben, die viel auf sich genommen haben, um hier anzukommen. Menschen, die geflüchtet sind: Vor politischer Verfolgung, wirtschaftlicher Not und Armut.

Wir arbeiteten mit den Schülern und Flüchtlingen zu dem Thema „Flucht und Vertreibung“ künstlerisch und inhaltlich auf mehreren Ebenen. Die Sichtweise der Arbeit wurde von den Schülern und Schülerinnen gemeinsam mit den Flüchtlingen entwickelt. Ausgehend von ihrem eigenen Erfahrungshorizont, ihrer Neugier und ihren Fragen und durch den persönlichen Kontakt mit den jungen Flüchtlingen näherten sich alle Beteiligten dem Thema. Entstanden sind ein halbstündiger dokumentarischer Film, zwei Theaterperformances und eine Ausstellung, die gemeinsam an einem öffentlichen Ort: dem Lessingbad, einer geschlossenen Schwimmanstalt, präsentiert wurden. Hier wurde eine Woche lang im ehemaligen Schwimmbad, in den Kelleräumen, in den ehemaligen Umkleidekabinen und im leeren Schwimmbad gefilmt, geprobt und die Ausstellung mit Fotos und Texten vorbereitet.

Fazit
Kein Ort. Nirgends? … kann überall sein und für zumindest eine Woche haben junge Menschen anderen jungen Menschen einen Ort der Zugehörigkeit gegeben. Indem die Schülerinnen die jungen Flüchtlinge bei der gemeinsamen künstlerischen Arbeit kennengelernt haben, bekamen die Flüchtlinge ein Gesicht und die dahinter stehenden Schicksale wurden real. Gleichzeitig war die Begegnung auch für die Flüchtlinge sehr wertvoll. Sie lernten junge Deutsche kennen, wurden wertgeschätzt und gehörten für diese Woche der gemeinsamen Arbeit dazu. Es wurde nicht über sie gearbeitet, sondern mit ihnen. Es war eine Zusammenarbeit, bei der die Flüchtlinge und auch die Schüler Subjekt waren. Der Workshop wurde 2011 mit dem Professor Miethke Förderpreis der Schleswig-Holsteinischen Universitätsgesellschaft ausgezeichnet. Beim Schulwettbewerb des Bundespräsidenten zur Entwicklungspolitik „Alle für eine Welt – Eine Welt für Alle“ erhielt das Projekt 2012 den 2. Preis.

Bild: Friederike Rückert

Workshop 6:  Ordnung in der Unordnung

unordnung

Künstlerin: Stefanie Polek
Lehrerin: Andrea Stemmler
Zeitraum: 09.05. bis 13. 05. 2011
Schule: Baltic Gesamtschule Lübeck
Ort: Lübecker Innenstadt

Ziel des Workshops war es, durch die Untersuchung öffentlicher Räume in Lübeck, eine Performance zu gestalten, die sich mit den erlaubten und unerlaubten Handlungen dieser Orte auseinandersetzte. Die Schülerinnen und Schüler recherchierten und kreierten Ideen rund um stark belebte Plätze, Wahrzeichen der Stadt, oder Parks, wie z.B. das Holstentor, der Wasserbrunnen am Klingenberg, der Krähenteich und das Haerder-Center. Dabei ging es um Fragen wie „Was machen die Menschen dort? Wie lange verweilen sie im Allgemeinen dort? Kostet der Ort Eintritt? Hat jeder Mensch dort Zugang? Was darf man vor Ort machen? Was darf man nicht? Warum ist es verboten? Wer hat es verboten?“ Die Sensibilisierung durch die genaue Untersuchung für den Ort half den Schülern, Performances zu entwickeln, die sich gegen die vermeintliche „Ordnung“ richtete und die üblichen Handlungsabläufe im öffentlichen Raum hinterfragte. Ergebnisse waren sowohl spielerische als auch politisch motivierte Aktionen.

Bild: Sven Wied

Workshop 7:  Blind Spot – Ein Geschenk

Blindspot

Künstler: Per Olaf Schmidt
Lehrer: Thomas Thiesler
Zeitraum: 20. 06. – 24. 06. 2011
Schule: Städtisches Gymnasium Neustadt i.H.
Ort: Stranddistel Pelzerhaken

Was macht einen Raum für Blinde positiv erfahrbar? Kreiert ein Geschenk! Mit dieser Aufgabe wurden die Schülerinnen und Schüler in der „Stranddistel“, einem leer stehenden Restaurant an der Seebrücke in Pelzerhaken konfrontiert. Vier blinde Gäste des Blinden- und Sehbehindertenvereins Schleswig-Holstein e.V. sowie eine Mitarbeiterin der Vereinsgeschäftsstelle in Lübeck informierten am ersten Workshoptag die Workshopteilnehmer über ihre Wahrnehmung als Blinde und Sehbehinderte, sowie Hilfsmittel für die Alltagsbewältigung. Im Anschluss sammelten die Schülerinnen und Schüler Entwürfe und Ideen für die für Blinde gestalteten Geschenke und setzten diese in den folgenden Workshoptagen um. Am letzten Workshoptag wurden die blinden Gäste des ersten Tages ein zweites Mal eingeladen. Die Schülerinnen und Schüler präsentierten ihnen die „Geschenke“ und die Ergebnisse ihrer umgestellten Wahrnehmung.

Bild: Per Olaf Schmidt

Workshop 8:  Grenzenlos – Material als Raum

Material

Künstlerin: Ana Frotscher
Lehrerin: Anke Sommer
Zeitraum: 24. 10. – 28. 10. 2011
Beteiligte: Stormarnschule Ahrensburg / Jugendzentrum JuKi42, Ahrensburg

Was definiert einen Raum? Sind es vier Wände? Ist eine Decke notwendig? Oder können ihn lediglich Objekte definieren, die auf einer Fläche arrangiert sind? Wie können Empfindungen in einem Raum erzeugt und gesteuert werden? Wie werden Räume über die Sinne wahrgenommen? Können Personen durch ihr Wesen Räume schaffen? Welche Rolle spielen Formen, Farben, Materialien, Anordnungen?

Mit diesen Fragen wurden die Schülerinnen und Schüler zu Beginn des Workshops konfrontiert. Durch das Herstellen kleiner Modelle aus Papier und unterschiedlichen Materialien wurden dann erste Erfahrungen zum Thema Raum gesammelt. Im Jugendzentrum 42 wurden anschließend in Gruppenarbeiten und unter jeweils einem Oberbegriff neue Räume kreiert. Jeder Raum konzentrierte sich auf den Umgang mit einem einzigen Material, mit dem frei umgegangen wurde.

Bild: Friederike Rückert

Workshop 9:  Stadtgedanken im Lessingbad

 

stadtgedanken

Künstlerin: Barbara Kirsch
Lehrerin: Ellen Heider
Zeitraum: 29. 08. – 02. 09. 2011
Beteiligte: Käthe-Kollwitz-Schule Kiel / Lessingbad Kiel

In diesem Projekt wurde die Situation des urbanen Raums durch den Umgang mit Licht und Schatten erkundet und transparent gemacht.

„I think a lot about the interiors of big cities. I probably try to represent something universally valid.“ Edward Hopper (1882-1967)

Am Beispiel insbesondere der Arbeiten von Edward Hopper, aber auch anderer, zeitgenössischer Künstler wurden Eigenarten von natürlichem Licht und Schatten (z.B. Tageszeiten) und künstlichen Lichtverhältnissen (Oberlichtsituationen, Nachtbeleuchtung, Reklame) im städtischen Raum erarbeitet. Anhand eigener Fotografien wurden diese Erfahrungen von den Schülern malerisch und graphisch umgesetzt (Selbstbildnis im Raum). Das Projekt zielte auf individuelle Eroberung der Schüler des städtischem Raumes und deren eigene Verbindung mit der Umgebung (z.B. Nischen, Schutzräume, welcher Ort fühlt sich gut, welcher nicht so gut oder gar beängstigend an?). Das Lessingbad mit seinen vielfältigen ehemaligen Funktionsweisen und architektonischen Situationen eignete sich besonders für dieses Projekt. Ausgehend von diesem Ort und seiner ehemaligen und jetzigen Funktion ließ sich die Frage nach Leben und Lebensqualität im urbanen Raum allgemein und Kiel im Besonderen hervorragend bearbeiten.

Bild: Friederike Rückert

Workshop 10:  „OuLePo“

OuLePo
Künstlerin: Cornelia Fränz
Lehrerin: Nora Kruse
Zeitraum: 26. 09. bis 30. 09. 2011
Schule: IG Friedrichsort
Ort: Lessingbad Kiel

Das Kunstlabor im Articulum Lessingbad wurde zur „OuLePo – Werkstatt für potentielles Lessingbad“: Die Schülerinnen und Schüer erforschten das ehemalige Schwimmbad und die Umgebung kartographisch, poetisch und archivarisch. Ausgehend von der Arbeitsweise der französischen Gruppe OuLiPo (Werkstatt für Potentielle Literatur) werden sich bei der künstlerischen Produktion freiwillig Formzwänge auferlegt, um neue Denkprozesse in Gang zu setzen. So wurden persönliche Schwimm-Erinnerungen in unerwartete Worte gefasst und als Lesungen im historischen Schwimmbad inszeniert. Der Grundriss des Lessingbades bildete die Grundlage für Erforschungen persönlicher Planquadrate. Raumwirkung, Farben, Formen, Strukturen und Zeichen des Lessingbades wurden gezielt wahrgenommen, gesammelt, sortiert und neu kontextualisiert. Auch in den umliegenden, nach Schriftstellern benannten Straßen fanden sich Fundstücke, die als Beweismittel für bislang unbekannte Gesichter der Literaten umgedeutet wurden. Die Schülerinnen und Schüler entwickelten Texte, Pläne, Fotografien, Frottagen, Videos und Installationen, und kamen so unentdeckten Potentialen des Lessingbades auf die Spur.

Die Vernissage und öffentliche Ausstellung der Ergebnisse fand am Freitag den 30.9.2011 im Kunstlabor des Lessingbades statt.

Foto: Holger Stöhrmann

Workshop 11: Raumbezogene Materialexperimente

 

loerper

Künstler: Hendrik Lörper
Lehrerin: Bettina Schumann
Zeitraum: 04. 10. – 07. 10. 2011
Beteiligte: Max-Planck-Schule Kiel
Ort: Lessingbad Kiel

Ziel des Workshops war es, den Schülerinnen und Schülern freies Arbeiten an dreidimensionalen Objekten zu ermöglichen, ihre Wahrnehmung für das Material und seine Verwendung in Bezug auf ein selbst gewähltes Thema zu sensibilisieren. Im Verlauf des Workshops entwickelten die Schülerinnen und Schüler eigenständig und in Gruppen eine oder mehrere raumgreifende Aufbauten. Dabei stand experimentelles und prozesshaftes Arbeiten im Vordergrund. Ziel war dabei nicht ein „Werk“, sondern ein Repertoire an Erfahrungen mit Material und Raum zu sammeln. Die erarbeiteten Experimente wurden anschließend im Kunstlabor im Lessingbad ausgestellt.

Bild: Hendrik Lörper